Brief an die Jugend des Planeten Erde

Brief an die Jugend des Planeten Erde
12. April 2016 jgi-admin

25 Jahre ist es her, dass Jane Goodall mit einer Gruppe von jungen Leuten in Tansania das Kinder- und Jugendprogramm Roots and Shoots gegründet hat. Kürzlich verfasst sie einen Brief an die Jugendlichen von heute, indem sie ihre Ängsten aber vor allem auch ihre Hoffnung zum Ausdruck bringt.
Aber bitte, liest selbst:

Jane Goodall in Wien„Während der 81 Jahre, die ich jetzt schon lebe, hat sich viel verändert. Als ich ein Kind war, gab es kein Fernsehen, kein e-mail und auch kein Handy. Wir haben Bücher gelesen und ich bin viel im Freien gewesen mit meinem besten Freund, meinem Hund Rusty. Die einzelnen Entwicklungen haben das Leben von Millionen von Menschen erleichtert, leider haben sie aber auch schrecklichen Schaden an der Umwelt angerichtet und sind dafür verantwortlich, dass viele Millionen von Menschen in Armut leben. Wir haben eine gierige materialistische Gesellschaft erschaffen, die sich überall auf der Welt ausbreitet.

Wenn wir einfach so weiter machen wie bisher, dann sieht die Zukunft für Eure Kinder und für alle zukünftigen Generationen sehr düster aus. Vielleicht wisst Ihr ja über all das Bescheid und fühlt Euch einfach nur hilflos – die Probleme sind so groß, was kann man da schon als einzelner, als einzelne tun, um etwas zu verändern? Ihr fühlt Euch deshalb verzagt oder verärgert.

Ich will Euch ein Geheimnis verraten. Jeder von uns kann etwas verändern, kann etwas bewegen, und zwar jeden Tag. Wir alle. Und wir haben die Wahl, wie und was wir verändern wollen. Denkt nur einmal daran, welche Auswirkungen all die kleinen Entscheidungen haben, die Ihr tagtäglich trefft: beim Einkaufen – Lebensmittel, Kleidung, egal was. Woher kommen die Produkte? Wie sind sie produziert worden? Ist Tieren dabei Leid zugefügt worden oder wurden sie durch Kindersklavenarbeit hergestellt? Brauchst Du dieses Produkt überhaupt? Gibst Du Acht darauf, ob Du das Licht abdrehst oder den Wasserhahn? Wie gehst Du mit Menschen und Tieren um?

Wenn Milliarden von Menschen darüber nachdenken und ethische Entscheidungen treffen, dann wird sich die Welt zum Besseren verändern.

Ich möchte Euch gerne dazu ermutigen, bei unserem Jane Goodall Roots & Shoots Programm mit zu machen. Unsere Mitglieder kommen aus den verschiedensten Altersgruppen, von Kindergartenkindern bis zu Studierenden (wobei auch immer mehr Erwachsene an unserem Programm teilnehmen) und aus 140 Ländern dieser Erde. Ihr müsste Euch einfach nur zusammentun, eine Gruppe von Freunden, zum Beispiel, und dann sucht Ihr Euch drei Projekte aus, die die Welt verändern. Ein Projekt, mit dem Menschen geholfen wird, eines für Tiere und eines zum Thema Umweltschutz. Oder Ihr arbeitet an einem Projekt, dass alle drei Themen in sich vereint.

Jane Goodall mit Jugendlichen Jane Goodall mit Jugendlichen

Hierbei geht es auch sehr viel um das Grenzen abbauen, die wir normalerweise zwischen Völkern verschiedener Nationen, Kulturen und Religionen aufbauen würden, einfach indem man Dinge zusammen macht. Egal, welche Hautfarbe wir haben, in unseren Adern fließt dasselbe Blut, wir alle lachen, wenn wir glücklich sind und wir weinen, wenn wir traurig sind, wir alle verlieben uns.

Als ich 10 Jahre alt war, las ich „Tarzan bei den Affen“. Damals habe ich beschlossen, dass ich, wenn ich groß bin, nach Afrika reisen, mit den wilden Tieren leben und Bücher über sie schreiben werde. „Unmöglich!”, hörte ich immer wieder. Der 2. Weltkrieg kam über Europa und Afrika war weit weg, wir hatten sehr wenig Geld – und ich war ja „nur“ ein Mädchen.

Meine Mutter sagte aber: „Wenn Du etwas wirklich willst, dann musst Du hart arbeiten, Gelegenheiten beim Schopf packen und niemals aufgeben.“ Ich habe ihren Rat befolgt und mein Traum wurde schlussendlich wahr. Ich bin nach Afrika gereist und ich habe mit wilden Tieren gelebt. Mit Schimpansen, den Tieren, die uns am ähnlichsten sind. Und ich habe mich in den Wald verliebt, seine große Artenvielfalt und in seine Schönheit. Ich bin erst abgereist, als ich feststellen musste, dass die Zahl der Schimpansen sehr schnell abnimmt, ihre Wälder zerstört wurden, sie gejagt wurden und sie auf den Tellern der Jäger landeten, und dass ihre Babys gestohlen und zur Unterhaltung der Menschen missbraucht wurden. Ich habe auch festgestellt, dass überall auf der Welt unsere Tierwelt dem Aussterben nahe war.

Deshalb habe ich begonnen, durch die Welt zu reisen, um das Bewusstsein für das, was da passiert, zu schärfen. Und überall auf der Welt wiederhole ich den Rat meiner Mutter vor jungen Leuten:

Auch Ihr könnt Eure Träume verwirklichen.

Ich glaube aber, dass wir jetzt einen gemeinsamen Traum brauchen: dass wir diese Welt gemeinsam besser machen können, wir sie gemeinsam für die Zukunft erhalten können. Wir werden erkennen, dass auch wenn wir Geld zum Leben brauchen, wir nicht für’s Geld leben sollten. Wir müssen erkennen, dass glücklich sein viel wichtiger ist als reich zu sein.

Um die Zukunft des Planeten Erde Willen – Eure Zukunft – hoffe ich wirklich, dass Ihr hart für unseren Traum arbeiten werdet. Macht unseren Traum wahr bevor es zu spät ist.“
Jane Goodall, Februar 2016

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